„Als Componist war der Geschiedene unstreitig oft sehr geschickt …“
Zu Paul Winebergers Leben und Werk 1
von Günther Grünsteudel
„Am 8ten Februar des Jahres 1821 entschlief zu Hamburg Paul Wineberger. So Mancher erfreut sich, wenn er hinscheidet, in den Zeitungen und Flugschriften eines gellenden Posaunenlobes; jenes edlen Verklärten hat noch kein Zeitblatt Erwähnung gethan.“ Diese Worte stehen am Beginn des in der Dresdner Abendzeitung erschienenen Nachrufs auf Paul Wineberger, dessen Verfasser, der Hamburger Jurist und Schriftsteller Karl Trummer (1792-1858), von sich sagt, einer der „wärmsten Freunde und Verehrer“ des Verblichenen gewesen zu sein. Dieser Nekrolog stellt für Winebergers frühe Biographie bis zu seinem Eintritt in die Wallersteiner Hofkapelle und für die Hamburger Jahre des Komponisten trotz einiger Ungenauigkeiten eine doch insgesamt verlässliche und für so manches Detail sogar die einzige Quelle dar, da der Autor sowohl aus den Erinnerungen des Verstorbenen als auch aus eigenem Miterleben schöpfen konnte 2.
Wie bei anderen Wallersteiner Hofmusikern, so ist auch im Falle Wineberger die biographische Kenntnis bis heute ziemlich lückenhaft geblieben 3. Mit dem vorliegenden Beitrag möchte der Autor versuchen, einige dieser Lücken, insbesondere für die Wallersteiner Jahre des Komponisten, zu schließen, aber auch Trummers Angaben zu verifizieren und wenn möglich zu präzisieren. Darüber hinaus sollen einige Worte über den erhaltenen Werkbestand fallen, wobei in dem Zusammenhang Winebergers geistliches Hauptwerk, das Passionsoratorium Der Sieg des Lichts von 1794, im Mittelpunkt stehen wird.
1 Dieser Beitrag entstand ursprünglich als Einführungsvortrag zur Uraufführung von Winebergers Passionsoratorium Der Sieg des Lichts am 16. Mai 2004 in Bad Mergentheim durch den Bad Mergentheimer Kammerchor und das Würzburger Kammerorchester unter der Leitung von Wolfgang Kurz. Für die Drucklegung wurde er erweitert und mit Anmer- kungen versehen.
2 D.[r] [Karl] Trummer: Paul Wineberger. Eine biographische Skizze, in: Abendzeitung [Dresden] auf das Jahr 1822, S. 365-367, 369-371. Dass es sich bei dem Autor des mit „Trummer, D.“ gezeichneten Nachrufs um den Hamburger Juristen Karl Trummer handelt, entnehmen wir Georg Christoph Hamberger / Johann Georg Meusel: Das gelehrte Teutsch- land, Bd. 21. Lemgo 1827, S. 137; zu Trummers Biographie vgl. auch Hans Schröder: Lexikon der Hamburgischen Schriftsteller, Bd. 7. Hamburg 1879, S. 425-431; Allgemeine deutsche Biographie (ADB), Bd. 38. Leipzig 1894, S. 686.
3 Die bisherige Literatur in chronologischer Folge: Ernst Ludwig Gerber: Neues historisch- biographisches Lexikon der Tonkünstler, 4. Tl. Leipzig 1813/14, Sp. 587; Gustav Schilling (Red.): Encyclopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften oder Universal-Lexicon der Tonkunst, Bd. 6. Stuttgart 1838, S. 872 f.; François-Joseph Fétis: Biographie universelle des musiciens et bibliographie générale de la musique. 2me éd., Bd. 8. Paris 1875, S. 478; Hermann Mendel / August Reißmann (Hrsg.): Musikalisches Conversations-Lexikon, Bd. 11. Berlin 1879, S. 377 f.; Robert Eitner: Biographisch-bibliographisches Quellenlexikon der Musiker und Musikgelehrten, Bd. 10. Leipzig 1904, S. 272; Ludwig Schiedermair: Die Blütezeit der Öttingen-Wallerstein‘schen Hofkapelle, in: Sammelbände der Internationalen Musikgesellschaft 9 (1907/08), S. 98; Wilibald Gurlitt et al. (Hrsg.): Riemann-Musik-Lexikon. 12. Aufl. Personenteil L-Z. Mainz 1961, S. 932; Robert A. Titus: The Solo Music for the Clarinet in the 18th Century. Diss. Univ. of Iowa 1962, S. 391-394, 456-459; Kurt Stephenson: Art. „Winneberger, Paul Anton“, in: Friedrich Blume (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), Bd. 14. Kassel 1968, Sp. 712 f.; Jon R. Piersol: The Oettingen-Wallerstein Hofkapelle and its Wind Music. Diss. Univ. of Iowa 1972, bes. S. 485-500; Roger Hellyer: Art. „Wineberger, Paul Anton“, in: Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Bd. 20. London 1980, S. 452 f.; Fiona Little: The String Quartet at the Oettingen-Wallerstein Court: Ignaz von Beecke and his Contemporaries. New York 1989, S. 56 f., 84-88, 92, 244-258; Günther Grünsteudel: Wallerstein – das „Schwäbische Mann- heim“. Text- und Bilddokumente zur Geschichte der Wallersteiner Hofkapelle (1747-1825). Nördlingen 2000, bes. S. 59-61; Sterling E. Murray: Art. „Wineberger, Paul Anton“, in: Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. 2. ed., Bd. 27. London 2001, S. 435 f.; Günther Grünsteudel: Art. „Wineberger, Paul (Anton)“, in: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. 2. neubearb. Ausg. (2MGG), Personenteil, Bd. 17. Kassel 2007 [im Druck].