Heinrich Stölzel, 7.9.1777 in Schneeberg/ Sachsen als Sohn eines Stadtmusikers geboren, spielte Harfe, Violine, Horn und Trompete und war etwa seit Anfang 1800 beim Fürsten von Pless als Hautboist mit dem Instrument Horn angestellt. (Diese Bezeichnung stellte noch keine Instrumentenbezeichnung für den Bläser speziell dar ,alle Bläser waren, bei Mitwirkung in der Militärmusik, Hautboisten.) Ende 1817 zog Stölzel nach Berlin . Im April 1818 wurde er Hornist in der Berliner Königlichen Kapelle. Am 16.2 1844 verstarb er in Berlin.
Als der Kammermusiker Heinrich Stölzel, zu dieser Zeit angestellt beim Fürsten von Pless in Schlesien, sich am 6. Dezember 1814 an König Friedrich Wilhelm III. von Preussen wand, kann dies als eigentliche Geburtsstunde der Ventile gelten.
Stölzel schrieb
Allerdurchlauchtigster Großmächtiger König
Allergnädigster König und Herr!
Ew. KönigI. Majestät mit meinem aller devotesten Schreiben zu behelligen, wurde ich mich nie unterfangen haben, wenn Cs nicht allgemein bekannt wäre, daß Ew. p. p. nützliche Erfindungen huldreichst unterstützten. Es ist mir gegluckt, eine dergl. Erfindung zu machen, und ich kann nicht umhin A1Ierhöchst dieselben davon in Kenntnis zu setzen:
Das Waldhorn, welchem ich mich vorzüglich gewidmet habe, ist bekanntlich in Rücksicht der Ungleichheit seiner Töne und der Unmöglichkeit, sie alle in gleicher Reinheit und Stärke hervorzubringen, sehr mangelhaft, dieses machte mich oft ungeduldig und verleitete mich zu sehr vielen Versuchen derselben abzuhelfen, welches mir zwar anfangs sämt1ich misslungen, mich aber zuletzt auf eine Erfindung führte, welche meine Mühe belohnte, und meine Forderung an das Instrument befriedigte. Mein Waldhorn giebt alle Töne, zwischen den tiefsten und höchsten, ohne die Hand in das Schallstück zu stopfen, mit gleicher Reinheit und Stärke an. Der Mechanismus meiner Erfindung ist höchst einfach, leicht und schnell zu behandeln und jeder, der das Instrument bläßt, kann sich in einigen Tagen mit seiner Anwendung vollkommen vertraut machen. Diese Vorrichtung macht die vielen Einsatz.Bogen entbehrlich und setzt den Künstler in den Stand aus allen Tönen zu blasen, auch hat das Instrument an
seinem Ton nichts verloren. Diese Vorrichtung ist auch für die noch weit Unvollkommenere Trompete, ja selbst für die Signa1hörner
anwendbar.
Da nun die Trompete, deren ganzer Reichtum his jetzt ans 13. Tönen
bestand, und durch meine Erfindung einen Zuwachs von 24. Tönen
erhalten, welche eben so schön und rein wie jene 13. erklingen und
die Componisten daher für diese Instrumente nicht mehr so eingeschränkt seyn dürfen, sondern in jeden beliebigen Dur und Mol-Ton übergehen können, so glaube ich nicht zu viel zu sagen, wenn ich Ew. p. verspreche, durch diese Instrumente eine Musik herzustellen, worüber die Welt erstaunen soll. Ich unterwerfe mich jeder Prüfung und bin in der Voraussetzung, daß Allerhöchstdieselben dieser guten und für die Musik sehr wichtigen Sache empor helfen werden, in froher Erwartung und wünsche nichts sehnlicher als Ew. pp. meine Instrumente zu Füßen legen zu können, welches mir dann die Hoffnung giebt, daß Ew. pp. die Einrichtung dieser neuen Musik bey den
Regimentern mir übertragen und mich nach dem Werth meiner Erfindung belohnen werden. Ich ersterbe pp
Ew. pp
Pless den 6.Decemb. I814 H.Stoelzel
Stölzels Horn war demnach schon 1814 einsatzbereit und hatte ein Röhrenschiebeventil.
Über seine Erfindung berichtete die AMZ einige Male, zuerst durch den Breslauer Musikdirektor Bierey 1815 dem Stölzel sein Horn zur Begutachtung vorlegte (Stölzel war wohl extrem vorsichtig, eine Aufforderung in der selben Zeit, das Horn zur Begutachtung in das Patentamt nach Berlin zu senden versuchte er sich mit immer neuen Ausreden zu entziehen) und 1817 durch den Componist und Organist Friedrich Schneider aus Leipzig.
In diesen Jahren war Stölzel bemüht, seine Erfindung durch das Patentamt anerkannt zu bekommen. 1818 meldete aber noch Friedrich Blühmel aus Schlesien ein sogenanntes Kastenventil zum Patent an. Auch er experimentierte schon einige Jahre, allerdings mit Drehventilen und reichte seinen Patentantrag einen Tag vor Stölzels Wiederholungsantrag 1818 in Berlin ein. Es kam zu Aktenprüfung, bei der auch G.A.Schneider für Stölzel aussagte, das dieser schon 1814 ein chromatisches Horn vorstellte und dieses seit dem nicht wesentlich verändert habe. Blühmel verwies dagegen auf einen Patentantrag aus dem Jahr 1811/12.
Stölzel konnte durch das Zeugnis von Georg Abraham Schneider und von drei Breslauer Musikern (Kapellmeister Schnabel, J.G. Keller und Hoffmann) nachweisen, das im July 1814 ein einsatzbereites chromatisches Horn vorgelegt wurde. Dieses Instrument gehörte jedoch dem Fürsten von Pless. Stölzel lies für sich ein eigenes bauen, welches am 15. Februar 1816 fertig wurde. Dieses Horn wurde mit einen Stimmbogen ergänzt und verbessert.
Schliesslich einigte man sich und am 6.April 1818 stellte man gemeinsam einen Patentantrag für die "Stölzel & Blümelsche Erfindung" Dabei versprach Stölzel für die alleinige Nutzung des Patents Blühmel eine einmalige und vollständige Zahlung von 400 Thalern. Am 12. April 1818 erfolgte die Patentierung für 10 Jahre.
Stölzel war bemüht, sein Horn praktisch musikalisch vorzuführen. Wie Bierey berichtet hatte dieses Horn rechts 2 Griffe zum betätigen, wann diese aber, der Haltung des Hornisten mehr entsprechend, nach links verlegt wurden, ist nicht klar nachzuweisen. Ein Auftritt Stölzels gibt die AMZ vom August 1818 wieder:
Am 16.Oktober 1818 erlebte das Concertino für drei Waldhörner und ein chromatisches Ventilhorn von G. A. Schneider seine Uraufführung
Daraufhin setzte sich das Ventilhorn, Jahr um Jahr technisch verbessert, allmählich und vor allem nach erlöschen der 10-jahrigen Schutzfrist 1828 in allen Orchestern bis 1860 durch.
Das Ventil haben sicher Stölzel und Blühmel etwa zeitgleich erfunden, es handelte sich jedoch um zwei verschiedene Lösungsansätze, dem Röhrenverschiebeventil und dem Kastenmodell. 1814 hatte Stölzel nachweislich zuerst ein funktionsfähiges Horn mit Ventilen vorgelegt, erst 1816 folgte Friedrich Blühmel.
Quellen:
AMZ 1817, 1815, 1818
Herbert Heyde Das Ventilblasinstrument DVfM Leipzig 1987